29. Januar 2009
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19:29
„Dieses Buch müssen Sie unbedingt gelesen haben“, meinte ein Kollege und drückte mir Dawkins Bestseller „Der Gotteswahn“ in die Hand. Nun stecke ich nicht gerade gern Zeit oder gar Geld in ein Buch, dass es aus welchen Gründen auch immer in die Charts geschafft hat. Doch dem Kollegen zuliebe begann ich zu schmökern.
Was mich als erstes überraschte, waren die religiösen Sprachmuster. Diese hatte ich am allerwenigsten erwartet. Wenn dort von Ehrfurcht, Staunen oder gar Faszination angesichts eines großartigen Universums und einer grandiosen Natur auf dieser, unserer Erde die Rede ist, so schimmert hier Religiosität durch; denn religiös ist alles, was uns innerlich unbedingt angeht. Religionen und Konfessionen sind kulturelle Auskleidungen davon. Ob sich der Verfasser dieses Buches darüber überhaupt bewusst ist?
Nach knapp über sechzig Seiten Lektüre gab ich dem Buch den Titel: „Atheisten aller Länder vereinigt euch – in der Glaubensgemeinschaft der Atheisten“ und malte mir schon aus, dass irgendwo weiter hinten die Gründung einer Atheistenkirche bevorstand, so leidenschaftlich wurde hier gegen alle Religionen Stellung bezogen, die unzulässigerweise überall eine starke Lobby in den einzelnen Gesellschaften haben und für die größten Blutspuren in der Geschichte der Menschheit verantwortlich seien.
Die schlimmste Blutspur des letzten Jahrhunderts mit zig Millionen Toten unter dem Nationalsozialismus Deutschlands, dem Kommunismus unter Stalin in der Sowjetunion, unter Mao in China und unter den Roten Kmehr in Kambodscha scheint er nicht im Blick zu haben oder er zählt sie zu einer Art gottfreier Religion.
Atheismus scheint für ihn zunächst etwas Privates zu sein: In einer Welt ohne Gott kann ich tun und lassen, was mir passt, und niemand darf mich daran hindern, solange ich nicht raube oder morde. Rund über zweihundert Seiten verschwendet er daran, wie er aus einem augenblicklichen Zeitgeist heraus, alles Religiöse - meist früherer Zeitgeiste – abtut. Ein solches Vorgehen geht immer gut. Da ist man stets auf der Seite der angeblich Klügeren.
Aber ob ein neuer Zeitgeist, sagen wir in etwa hundert Jahren, wirklich seine jetzige Sichtweise z. B. zum Schwangerschaftsabbruch teilt? Kann es nicht sein, dass zu diesem späteren Zeitpunkt die USA, die seit der gesetzlichen Erlaubnis zum Schwangerschaftsabbruch etwa fünfzig Millionen Kindern das Leben verweigerten, als perverser Staatenbund angesehen wird, der zwei Fünftel seines eigenen Nachwuchses als unerwünscht beseitigte? Wie er dies obendrein mit seinem Dogma der darwinschen Selektion vereinbart, die angeblich ganz allein das Überleben und die Fortpflanzung der Arten im Laufe der Evolution durch Anpassung über zufällige Gen-Mutationen sichert, kann ich nicht nachvollziehen. Ein Atheismus, der seine eigenen Kinder dem Untergang preisgibt, ist wohl kaum überlebensfähig.
Die Art, wie er dem Gedanken, dass angesichts der Großartigkeit des Universums dahinter noch etwas Komplexeres, Großartigeres, z.B. Gott, verborgen sei, eine Absage erteilt mit dem Argument, dass einfachstes Leben unter Milliarden kosmischen Bedingungen zufällig eine ideale Startposition erwischt, sich gemäß darwinistischer Selektion zu immer komplexeren Lebewesen entwickelt hat und daher aller Wahrscheinlichkeit nach am Anfang kein Gott als das Komplexe alles Komplexen stehen kann und es ihn daher nicht gibt, hat für mich zwei Gedankensprünge.
Erstens übersieht er die ungeheure Komplexität des bis zu diesem Zeitpunkt entfalteten Universums, ohne die diese ideale Startposition von Leben auf der Erde gar nicht zustande gekommen wäre. Zweitens folgt in der Wahrscheinlichkeitsrechnung aus der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, und sei sie noch so gering, nicht, das ein Ereignis überhaupt nicht existiert. Die Möglichkeit seiner Existenz ist logisch nicht auszuschließen. Wunderschön sieht man das beim augenblicklichen Jackpot-Fieber im Lotto. Auch eine Wahrscheinlichkeit von 1 : 140 000 000, also fast 0, schließt einen Gewinn nicht aus.
Als ich am Ende seines Buches seinen Text las, den er für seine eigene Beerdigung vorgesehen hat, war ich platt. Dort überströmt ihn Dankbarkeit, dass aus den Milliarden DNA-Varianten, die möglich gewesen wären, ausgerechnet sein eigene Existenz hervorging und er dieses, sein Leben leben durfte. Wem oder was gegenüber zeigt er sich dankbar? Gilt sein Dankesgefühl dem Zufall oder der Unwahrscheinlichkeit aller Wahrscheinlichkeiten, die alle anderen Varianten, möglicherweise sogar viel bessere, sträflichst vernachlässigte und ihm persönlich den Vorzug zur Verwirklichung seines ureigenen Lebens gab? Dankt er nicht unbewusst und uneingestanden einem gnädigen, göttlichen Geber aller Gaben, auch wenn er das Wort Gott für sich meidet wie die Pest? Fürchtet er, von seiner Umgebung als fromm und dumm eingestuft zu werden? Braucht er eine Atheisten-Lobby als Schutzwall gegen diese Angst? Warum schreibt er dieses Buch überhaupt? Würde er gern glauben, kann es jedoch, warum auch immer, nicht?
Was mich als erstes überraschte, waren die religiösen Sprachmuster. Diese hatte ich am allerwenigsten erwartet. Wenn dort von Ehrfurcht, Staunen oder gar Faszination angesichts eines großartigen Universums und einer grandiosen Natur auf dieser, unserer Erde die Rede ist, so schimmert hier Religiosität durch; denn religiös ist alles, was uns innerlich unbedingt angeht. Religionen und Konfessionen sind kulturelle Auskleidungen davon. Ob sich der Verfasser dieses Buches darüber überhaupt bewusst ist?
Nach knapp über sechzig Seiten Lektüre gab ich dem Buch den Titel: „Atheisten aller Länder vereinigt euch – in der Glaubensgemeinschaft der Atheisten“ und malte mir schon aus, dass irgendwo weiter hinten die Gründung einer Atheistenkirche bevorstand, so leidenschaftlich wurde hier gegen alle Religionen Stellung bezogen, die unzulässigerweise überall eine starke Lobby in den einzelnen Gesellschaften haben und für die größten Blutspuren in der Geschichte der Menschheit verantwortlich seien.
Die schlimmste Blutspur des letzten Jahrhunderts mit zig Millionen Toten unter dem Nationalsozialismus Deutschlands, dem Kommunismus unter Stalin in der Sowjetunion, unter Mao in China und unter den Roten Kmehr in Kambodscha scheint er nicht im Blick zu haben oder er zählt sie zu einer Art gottfreier Religion.
Atheismus scheint für ihn zunächst etwas Privates zu sein: In einer Welt ohne Gott kann ich tun und lassen, was mir passt, und niemand darf mich daran hindern, solange ich nicht raube oder morde. Rund über zweihundert Seiten verschwendet er daran, wie er aus einem augenblicklichen Zeitgeist heraus, alles Religiöse - meist früherer Zeitgeiste – abtut. Ein solches Vorgehen geht immer gut. Da ist man stets auf der Seite der angeblich Klügeren.
Aber ob ein neuer Zeitgeist, sagen wir in etwa hundert Jahren, wirklich seine jetzige Sichtweise z. B. zum Schwangerschaftsabbruch teilt? Kann es nicht sein, dass zu diesem späteren Zeitpunkt die USA, die seit der gesetzlichen Erlaubnis zum Schwangerschaftsabbruch etwa fünfzig Millionen Kindern das Leben verweigerten, als perverser Staatenbund angesehen wird, der zwei Fünftel seines eigenen Nachwuchses als unerwünscht beseitigte? Wie er dies obendrein mit seinem Dogma der darwinschen Selektion vereinbart, die angeblich ganz allein das Überleben und die Fortpflanzung der Arten im Laufe der Evolution durch Anpassung über zufällige Gen-Mutationen sichert, kann ich nicht nachvollziehen. Ein Atheismus, der seine eigenen Kinder dem Untergang preisgibt, ist wohl kaum überlebensfähig.
Die Art, wie er dem Gedanken, dass angesichts der Großartigkeit des Universums dahinter noch etwas Komplexeres, Großartigeres, z.B. Gott, verborgen sei, eine Absage erteilt mit dem Argument, dass einfachstes Leben unter Milliarden kosmischen Bedingungen zufällig eine ideale Startposition erwischt, sich gemäß darwinistischer Selektion zu immer komplexeren Lebewesen entwickelt hat und daher aller Wahrscheinlichkeit nach am Anfang kein Gott als das Komplexe alles Komplexen stehen kann und es ihn daher nicht gibt, hat für mich zwei Gedankensprünge.
Erstens übersieht er die ungeheure Komplexität des bis zu diesem Zeitpunkt entfalteten Universums, ohne die diese ideale Startposition von Leben auf der Erde gar nicht zustande gekommen wäre. Zweitens folgt in der Wahrscheinlichkeitsrechnung aus der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, und sei sie noch so gering, nicht, das ein Ereignis überhaupt nicht existiert. Die Möglichkeit seiner Existenz ist logisch nicht auszuschließen. Wunderschön sieht man das beim augenblicklichen Jackpot-Fieber im Lotto. Auch eine Wahrscheinlichkeit von 1 : 140 000 000, also fast 0, schließt einen Gewinn nicht aus.
Als ich am Ende seines Buches seinen Text las, den er für seine eigene Beerdigung vorgesehen hat, war ich platt. Dort überströmt ihn Dankbarkeit, dass aus den Milliarden DNA-Varianten, die möglich gewesen wären, ausgerechnet sein eigene Existenz hervorging und er dieses, sein Leben leben durfte. Wem oder was gegenüber zeigt er sich dankbar? Gilt sein Dankesgefühl dem Zufall oder der Unwahrscheinlichkeit aller Wahrscheinlichkeiten, die alle anderen Varianten, möglicherweise sogar viel bessere, sträflichst vernachlässigte und ihm persönlich den Vorzug zur Verwirklichung seines ureigenen Lebens gab? Dankt er nicht unbewusst und uneingestanden einem gnädigen, göttlichen Geber aller Gaben, auch wenn er das Wort Gott für sich meidet wie die Pest? Fürchtet er, von seiner Umgebung als fromm und dumm eingestuft zu werden? Braucht er eine Atheisten-Lobby als Schutzwall gegen diese Angst? Warum schreibt er dieses Buch überhaupt? Würde er gern glauben, kann es jedoch, warum auch immer, nicht?