Da ballert in den USA ein durchgeknallter zwanzigjähriger Milchbubi mit den Schnellfeuerwaffen seiner Mutter zuerst die eigene Mutter um, dann zwanzig Grundschüler jener Grundschule, an der seine Mutter unterrichtete, und mit ihnen fünf Lehrer, bevor er sich selbst abknallt.
Diese Nachricht ging durch alle Nachrichtensendungen des Westens. Bilder von traumatisierten Angehörigen, Trauergottesdiensten und vom Blitzbesuch des kondolierenden amerikanischen Präsidenten umrundeten die westliche Welt, die sich völlig einig darin zeigte, dass hier ein psychisch verirrter Wirrkopf ausgerechnet im vorweihnachtlichen Friedensfimmel von allen guten Geistern verlassen war und eben nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.
Völlig unterging im medialen Rummel, dass am gleichen Tag eine andere Meldung über die Nachrichtenticker lief: Zehn Kinder in Afghanistan durch Landmine getötet. Kein weiteres Wort über traumatisierte Geschwister und Eltern, kein Kondolenzbesuch eines ranghohen Politikers, nichts, einfach Schweigen, als wären Afghanen zu Traumatas vollkommen unfähig und daher nicht erwähnenswert.
Hinterfragt denn niemand, welch Geistes Kind jene sind, die dieses afghanische Leid verursacht haben? Unterscheiden sich diese Täter in ihrer Psyche wirklich so wesentlich von jenem jungen Amokläufer? Ist dieser arme Kerl nicht vielmehr die krankhafte Überspitzung einer bei uns gesellschaftsfähigen Grundhaltung, die in der Waffengewalt die Endlösung aller Interessenkonflikte sieht?